Mal wieder Physik

Ich weiß schon gar nicht mehr, wann ich genau das letzte Mal Physik unterrichtet habe. Ist es 3 Jahre her, 4 oder sogar 5? Keine Ahnung. Ich war aber auch nicht böse darum. Physik zu unterrichten heißt ja im Gegensatz zu Informatik-Unterricht vor allem, dass man Experimente auf- und abbauen muss. Da kann ich nicht noch schnell zu Hause  etwas programmieren. Aufbauen und ausprobieren geht nur in der Schule.

Und Physikunterricht läuft anders ab. Sind Informatikstunden geteilt in zuerst “Ich erkläre etwas neues” und einem folgenden “Jetzt seid ihr dran. Programmiert x und y”, gibt es im Physikunterricht ein Gespräch! Was den positiven Nebeneffekt hat, dass ich bereits nach 2 Stunden 70% der Schüler mit Namen kenne.  Die heutige Physikstunde lief dann ungefähr so ab:

  1. Ein Schüler baute das Leiterschaukelexperiment zur Herleitung der Lorentzkraft wieder auf.
  2. Ein zweiter Schüler kontrolliert den Aufbau.
  3. Ich (damit nichts aus Versehen durchbrennt) führte das Experiment durch und wir diskutierten, wie man den Ausschlag vergrößern könne. Bei dieser Gelegenheit werden nochmals die verschiedenen Modellvorstellungen des elektrischen Stroms angesprochen (Wasser- und Skifahrer-Modell).
  4. Da noch nicht gesagt werden konnte, wohin die Leiterschaukel ausschlägt, wird die Lorentzkraft und die rechte/linke-Hand Regel eingeführt und mit einem Arbeitsblatt zunächst zusammen, dann aber in Einzelarbeit geübt.
    (Die einzige Unterrichtsstunde in der Schüler dem Lehrer mehr oder weniger ungestraft den Mittelfinger zeigen dürfen.)

Und dann noch eine “Abiturfrage” zum Abschluss der ersten Stunde: Mal angenommen, Außerirdische würden uns mit Elektronenstrahlen durch das Fenster beschießen. Wie müsste die Magnetfeldrichtung im Raum sein, dass uns nichts passiert? Und darauf aufbauend: Was würde passieren, wenn wir von Raumschiffen und damit schräg von oben beschossen werden würden?

Da es eine Doppelstunde ist, geht es nach einer kurzen Verschnaufspause gleich weiter

  1. Eine Möglichkeit den Ausschlag zu erhöhen ist, dass man mehr Leiter in das Magnetfeld einbringt. Da der Raum zwischen den Polen begrenzt ist, wird der Leiter aufgewickelt (Spule) und drehbar in das Magnetfeld gebracht. Wieder wird die 3-Finger-Regel benutzt, um vorherzusagen, was wohl passieren wird: Die Spule dreht sich bis in eine bestimmte Position und bleibt dann stehen.
  2. Hier kommt dann wieder das Unterrichtsgespräch und zusammen mit den Schülern wird das Prinzip des Elektromotors inklusive Kommutator (Polwandler) hergeleitet und aufgeschrieben. Leider nicht vollständig, da ich irgendwie noch Probleme mit der Zeiteinteilung habe – die Gespräche machen halt Spaß. Dafür habe ich dann gleich eine Ansatzpunkt für die nächste Stunde.

Soweit ein kurzes Update und bevor mir mit meiner neuen Gleitsichtbrille völlig schlecht wird, muss ich hier jetzt aufhören und ins Leere schauen.

Stolz und Glück

Lange habe ich über den Namen des Beitrags nachgedacht – darf man als Lehrer überhaupt Stolz auf die Leistung der Schüler sein, ist das nicht ein wenig, sagen wir, narzisstisch?

Und Glück? Darf man als Lehrer glücklich sein? Ich denke, glücklich sein ist wohl drin, denn auch Lehrer sind Menschen. Und wenn man länger mit Schülern an einem Projekt zusammenarbeitet, dann wachsen die Schüler einem irgendwie ans Herz. Weil man mit ihnen durch die Probleme geht. Sieht, wie sie zunächst scheitern, um dann später daran zu wachsen. Weil man erlebt, wie sie Dinge tun, die man ihnen zunächst nicht zugetraut hat – man kannte sie noch gar nicht. Und im Laufe der Monate und durch viele Gespräche zwischen Tür und Angel, per Email, im Unterrichtsraum entsteht eine Verbindung, die einen Stolz auf das macht, was die Schüler geleistet haben. In meinem Fall spreche in von dem P-Seminar “Kurzfilm”, welches noch bis zum Ende von 12/1 läuft.

Für die Nicht-Bayern kurz zur Erklärung: Im noch existierenden G8 in Bayern sollen die Schüler im Zeitraum von 11/1 bis einschließlich 12/1 an einem Projekt arbeiten, daher auch P-Seminar, durch welches die Schüler zum einen Erfahrung mit Projektarbeit machen und zum anderen sich über ihren weiteren Werdegang klar werden. Schön ist es, wenn das Projekt mit externen Firmen abläuft, aber wichtig ist es in meinen Augen nicht. Mir geht es vor allem darum, dass die Schüler einfach mal so richtig lange an ein und derselben Sachen aktiv dran bleiben und zum Abschluss das Projektergebnis der Öffentlichkeit, und wenn es nur die Mitschüler sind, präsentieren.

Der Start

Bei diesem P-Seminar lief jetzt aber manches so, wie ich es bisher nicht gekannt habe. Das geht mit dem Startschuss los. Eigentlich wollte ich zum Schuljahr 2016/17 gar kein P-Seminar anbieten. Da aber unsere Kunstlehrerin, die ein P-Seminar angeboten hatte, die Schule wechselte, bot ich mich als Ersatz an. Da ich die Schüler, die sich vielleicht schon für das Kunst P-Seminar entschieden hatten nicht enttäuschen wollte, und ich zu dem Zeitpunkt viel über die Struktur von Filmen gelesen hatte, kam ich auf das Thema “Kurzfilme”.

Der Zufall spielte mir dann in die Hand, dass der Energie-Solar-Verein Pfaffenhofen seine Ausstellung zum Thema “Energie” digitalisieren wollte und uns Gelder über das Jugendparlaments Pfaffenhofen zur Verfügung stellen konnte. Glücklicherweise konnte ich meine Schüler davon überzeugen sich diese Chance nicht entgehen zu lassen. Hatte ich doch bei meinem P-Seminar “3D-Druck” gemerkt, wie schwierig es ist an Spendengelder zu kommen.

Der Ablauf

Nach dem Startschuss entwickelte sich dann eine Eigendynamik, die ich so bislang kaum kannte. Die “kreativen” Schüler bildeten Gruppen und fingen recht selbstständig an Ideen für erläuternde Filme zu entwickeln, Drehbücher zu schreiben und Drehorte zu recherchieren. Mit Hilfe professioneller Ausrüstung von Utopia aus Pfaffenhofen, teilweise mit eigenen Kameras wurden die Wochenenden geopfert, um Filme zu drehen oder  Animationsfilme am Computer zu zeichnen. Ausrüstung aus dem Verwandtenkreis wurde organisiert und Väter wurden als Sprechern verpflichtet. Abschließend wurde das Rohmaterial teilweise mit Schullaptops geschnitten und vertont oder die heimischen PCs wurden bis an ihre Leistungsgrenze hin zum Rendern gezwungen.

Die Gruppe der Informatiker teilte sich parallel zur Künstlergruppe ebenfalls auf. Je nach Können und Lust wurde auf der einen Seite  eine Endgeräte unabhängige Internetseite entwickelt, wofür eine eigene Navigation entwickelt wurde und die Materialien des ESV aufbereitet wurden. Auf der Hardware-Seite wurde nach Monitoren, Tablets und mobilen Ständern für diese Monitor recherchiert und diese aufgebaut und konfiguriert und vor allem viel getestet.

Das Ergebnis

Das Endprodukt, die Internetseite ausstellung.esv-paf.de,  wurde nun endlich am vergangenen Donnerstag bei unserem Auftraggeber aufgebaut. Sogar die Presse kam und zusammen mit dem Geldgebern vom Jugendparlament Pfaffenhofen stellten wir uns noch kurz für ein Bild zusammen

Was soll ich sagen: Ich bin stolz auf das, was meine Schüler geleistet haben! Und das können meine Schüler ebenfalls sein!

Und wenn ich auch noch gesund gewesen wäre, hätte man es mir vielleicht auf dem Foto auch angesehen. Aber mein Körper war der Meinung, dass er gleich mal die erste Erkältungswelle mitnehmen muss.

“Einfach Programmieren für Kinder” – Buchkritik

Ich bekam vor ein paar Tagen das Buch “Einfach Programmieren für Kinder” aus dem Carlsen-Verlag zugeschickt, da ich mich bereit erklärt hatte, hierüber eine Rezension zu schreiben. Das Buch wurde geschrieben von Diana und Philipp Knodel, welche die Organisation App Camps ins Leben gerufen haben. Großartig illustriert wurde das Buch von Jan Radermacher.

Das Buch interessierte mich deswegen so besonders, weil es nicht nur ein Buch ist, sondern es auch eine zugehörige App “Clever Programmieren” (iOS, Android) dazu gibt. Das ist eine Kombination, die ich bisher noch nicht kannte. Und mich interessieren immer Computerbücher, die mal versuchen einen anderen Weg zu gehen. Daher bin ich auch ein Fan der “Head first“-Reihe. Jetzt aber zurück zum eigentlichen Buch.

Zielgruppe

Die Zielgruppe des Buches sind Kinder ab 8 Jahren und damit Kinder ab ungefähr der dritten Klasse Grundschule. Und zwar deswegen, weil es zum einen viel zum anderen auf der App schnell zu lesen gilt. Einige Spiele innerhalb der App fordern das Kind dazu auf Begriffe wegzusortieren. Diese Fliegen von links nach rechts über den Bildschirm und müssen wegsortiert werden. Ist das Kind im Lesen zu unsicher, so könnte hier schnell der erste Frust entstehen.

Daher ist die Zielgruppe, denke ich, noch etwas spezieller: Es sind Kinder, die bereits gut lesen können und sich für das Programmieren interessieren. Also Fragen stellen, wie: “Wie kann ich eine App selber machen?”. Diese Kinder bekommen hier einen schnellen Überblick über alle wichtigen Aspekte einer Programmiersprache. Und am Ende des Buchs auch noch Tipps, wo sie weitermachen können.

Layout und Gestaltung

Das Auffälligste am ganzen Buch ist mit Sicherheit die Gestaltung. Diese ist absolut großartig! Die Bilder die Texte, dass der Leser sein Handy immer rechts unten hin legen soll. Super! Selten ein so großartig gestaltetes Informatikbuch in der Hand gehabt.

Inhalt

Inhaltlich wird alles gesagt, was man zum Erlernen einer Programmiersprache braucht:

  • Was ist ein Algorithmus?
  • Was sind Ereignisse?
  • Was ist Debugging?
  • Was ist eine Variable und welche Datentypen gibt es?
  • Programmstrukturen wie
    • Bedingte Anweisung,
    • Wiederholungen,
    • eigene Funktionen

Dies alles wird anschaulich erklärt und mit Hilfe der App geübt. Manchmal nur im Buch, manchmal nur in der App und manchmal mit beiden. Das bringt Abwechslung und macht bestimmt Spaß.

Manches finde ich aber auch zu übertrieben. Muss man sagen, dass es Programmiersprachen wie Python, Ruby, Java gibt und dazu eine Aufgabe stellen in der das Kind erraten soll, welche Sprache dargestellt ist? Und das auf Seite 18 bereits? Ich denke eher nicht. Oder muss man als 8-jähriger Anfänger wirklich bereits auf Seite 14 einen Algorithmus sowohl in einer Scratch-Variante wie auch in JavaScript lesen können? Beides ist in meinen Augen etwas übertrieben. Vor allem, weil in der App selber weder das eine noch das andere benutzt wird.

Zusammenfassung

Ich werde auf alle Fälle das Buch Eltern und Schülern meiner Unterstufe empfehlen, wenn diese fragen, wie sie programmieren lernen können. Daher würde ich vor allem die Zielgruppe auf eher 12jährige festlegen. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass ich noch nie versucht habe, 8jährigen das Programmieren beizubringen. Den Preis von knapp 15,- Euro halte ich aufgrund der Qualität des Buchs und der Arbeit, die sich die Beteiligten gemacht haben, für angemessen.

Was ich selbst als Anregung für meinen Programmier-Unterricht mitnehme, ist die Kombination aus 1 Doppelseite pro Thema mit entsprechendem Link in Form eines QR-Codes zu einer Online-Programmierumgebung oder einem youtube-Film. Quasi eine Mischung aus dem bewährten Layout der alten Lambacher-Schweizer Mathebüchern verknüpft mit den neuen Medien.

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